Die neue Browser-Version des Firefox soll schnell werden, zahlreiche neue Funktionen bieten und noch im Jahr 2010 erscheinen. Das kündigte Mozilla-Entwickler Mike Beltzner an.
DÜSSELDORF. Die eigentlich noch vor Firefox 4.0 geplante Version 3.7 wird nicht erscheinen. Stattdessen wurde die größte für Firefox 3.7 geplante Änderung, die Einführung von Out-Of-Process-Plugins auf Firefox 3.6, zurückportiert und soll noch im Mai 2010 mit Firefox 3.6.4 veröffentlicht werden.
Für Firefox 4.0 stehen dann zahlreiche grundlegende Veränderungen an, die den Browser sowohl äußerlich als auch im Inneren deutlich verändern werden. Mozillas Ziel ist, den Browser wieder schneller zu machen und seinen Nutzern die volle Kontrolle im Web zu verschaffen.
Schlichtes Outfit und schnellere Navigation
So wird es ein neues, schlichtes Standard-Theme mit weniger Schaltflächen geben, die Zahl der Pixel zwischen Nutzer und Inhalt soll geringer werden. Modale Dialoge, also Dialogboxen, die dem Nutzer eine Eingabe abverlangen, bevor er überhaupt mit dem Browser weiterarbeiten kann, sollen gänzlich verschwinden. Stattdessen werden die Dialoge in eine Art Sprechblase innerhalb des jeweiligen Tabs verfrachtet, die den Browser nicht komplett blockiert. So kann zu einem anderen Tab gewechselt und dort weitergearbeitet werden.
Der Startvorgang soll künftig nicht mehr unterbrochen und Updates im Hintergrund eingespielt werden. Zudem soll die Navigation beschleunigt werden. Geplant ist eine Funktion zum direkten Wechsel zu einzelnen Tabs sowie die Einführung dedizierter Applikations-Tabs, beispielsweise je ein festes Tab für den eigenen Webmailclient und den webbasierten RSS-Reader.
Mehr Geschwindigkeit für Firefox
Für mehr Geschwindigkeit sollen auch Maßnahmen sorgen, die für die dem Browser zugrundeliegende Mozilla-Plattform geplant sind. Dazu zählt das Projekt Jägermonkey, das die Javascript-Engine von Firefox deutlich beschleunigen soll. Zudem wird der HTML5-Parser vom Hauptthread abgekoppelt, was die Reaktionsgeschwindigkeit des Browsers erhöhen soll. Mozilla will darüber hinaus 64-Bit-Versionen von Firefox ausliefern, zumindest für Windows.
Auch der Start des Browsers soll beschleunigt werden, wobei künftig nur noch zwingend Notwendiges beim Start ausgeführt und alles andere auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Auch sollen die I/O-Operationen im Hauptthread reduziert und die Garbage-Collection optimiert werden, was für flüssigere Animationen sorgen soll.
Ein Team bei Mozilla widmet sich dem Thema DOM-Performance, um die Geschwindigkeit von DOM-Operationen Stück für Stück zu verbessern. Eine Layers-Implementierung für Firefox soll helfen, die Möglichkeiten von hardwarebeschleunigtem Rendering besser zu nutzen.
In die gleiche Richtung geht die Nutzung von Direct2D unter Windows: Damit soll das Rendering von Webseiten in Hardware beschleunigt werden, ähnlich wie es Microsoft für den Internet Explorer 9 plant. Darüber hinaus soll Firefox 4.0 mit Microsofts Aero Peak verzahnt und gegebenenfalls auch besser in Mac OS X integriert werden.
Mehr Kontrolle für Nutzer
Benutzer sollen in Firefox 4.0 die volle Kontrolle darüber erhalten, welche Informationen an Websites übermittelt werden. Mit einem Klick erhält der Nutzer eine Übersicht, welche Daten für welche Website freigegeben wurden, angefangen beim Passwort über Cookies und aktuelle Ortsangaben bis hin zu Storage-Einstellungen und geblockten Popups. All diese Daten sollen zudem über Firefox Sync gesichert und so auch auf andere Browser übertragen werden können.
Wenn genug Zeit bei der Entwicklung bleibt, könnte Firefox 4.0 auch die Anmeldung bei Websites mit einem Klick ermöglichen.
Überarbeitet wird auch der Dialog zur Personalisierung des Browsers, in dem alle entsprechenden Einstellungen zusammengefasst werden. Das gilt für die installierten Erweiterungen und Plugins ebenso wie für die eingestellte Sprache und Suchmaschinen sowie auch für das Aussehen des Browsers. Auch die Installation neuer Erweiterungen ist hierüber möglich und soll das Finden interessanter Erweiterungen einfacher machen. Dank Jetpack laufen Erweiterungen in einem eigenen Prozess, ihre Installation wird ohne Neustart des Browsers möglich sein.
Neuer HTML5-Parser
Auch für Webentwickler wird Firefox 4.0 einige Neuerungen bringen: Geplant ist die Unterstützung von Websockets, die eine bidirektionale Kommunikation zwischen Browser und Server erlauben. Zudem soll Pushstate für bessere Ajax-Interfaces unterstützt werden. Damit können Webapplikationen Daten in der Browser-History ablegen, auch wenn keine neue Seite geladen wird.
Darüber hinaus sollen neue Gesten zur Bedienung unterstützt und die Steuerung des Browsers per Touchscreen verbessert werden. Tippt der Nutzer beispielsweise nicht exakt auf einen Link, soll Firefox dies künftig kompensieren.
CSS3 soll Layout und Styling von Webapplikationen vereinfachen, und es wird einen neuen HTML5-Parser geben, der im aktuellen Entwicklerzweig vor einer Woche aktiviert wurde.
Zudem ist angedacht, Probleme mit ContentEditable auszuräumen und HTML5-Formulare zu unterstützen, wenn dafür Zeit bleibt. Gleiches gilt für IndexedDB, Mozillas Implementierung des W3C Indexed Database API.
Erweiterte Multimediafunktionen
Zur Animation von Webinhalten soll Firefox 4.0 CSS Transitions und SMIL unterstützen. Pläne für eine Unterstützung von CSS Animations hat Mozilla derzeit nicht, mit der Begründung, das sei zu komplex und derzeit eher uninteressant.
Darüber hinaus ist vorgesehen, ein neues Animations-API auf Basis von Refreshdriver einzuführen und die Audio- und Videowiedergabe in sehr hoher Qualität zu unterstützen. Das zeichnen von 2D-Grafik via Canvas soll beschleunigt werden, auch ein Vollbild-API ist vorgesehen. Als optional markiert ist derzeit die Integration von WebGL.
Webkonsole, Inspektor und Remote-Debugger für Firefox 4.0
Bei den Entwicklerwerkzeugen setzt Mozilla weiterhin auf Firebug und will sicherstellen, dass die Erweiterung mit Firefox 4.0 funktioniert. Zudem ist die Einführung neuer Entwicklerwerkzeuge geplant. Dazu zählen eine neue Webkonsole sowie Webinspektor, die Entwickler vor allem bei weniger komplexen Projekten unterstützen sollen, bei denen nicht der volle Funktionsumfang von Firebug benötigt wird. Zudem wird es einen Remote-Debugger geben, der es erlaubt, Javascript von einem anderen Prozess aus zu debuggen. Das ist allein schon wegen der Out-of-Process-Plugins notwendig.
Der Profilmanager, der vor allem von Entwicklern häufig verwendet wird, soll ebenfalls verbessert und beschleunigt werden. Eventuell wird es ein Timer-API und neue Diagnosewerkzeuge zur Ermittlung des Speicherverbrauchs geben. Sie sollen Entwicklern im Detail aufzeigen, wann was innerhalb des Browsers passiert und wie sich das Design ihrer Webapplikationen auf den Speicherverbrauch des Browsers auswirkt.
Firefox 4.0 soll noch 2010 erscheinen
Für mehr Sicherheit und Stabilität soll unter anderem Mozillas Content Security Policy (CSP) sorgen. Der Ansatz soll Cross Site Scripting, Clickjacking und Packet Sniffing unterbinden. Für authentifizierende Logins soll die Verwendung von TLS erzwungen werden. Auch an einer Unterstützung des PAKE-Protokolls wird gearbeitet.
Der aktuelle Zeitplan für Firefox 4.0 sieht die Veröffentlichung einer ersten Betaversion im Juni 2010 vor. Dieser sollen dann alle zwei bis drei Wochen weitere Betaversionen mit kleinen Ergänzungen folgen. Im August 2010 sollen die APIs dann eingefroren werden, so dass im Oktober oder November 2010 eine Finalversion des Browsers veröffentlicht werden kann. Vier Alphaversionen auf dem Weg zu Firefox 4.0 wurden bereits veröffentlicht.
Quelle: http://www.handelsblatt.com/technolo...ngen;2580757;4